Begrünte Fassade der MA 48 in Wien Margareten · Foto: Robert Tober (www.toro.cc)

In Kraft getreten: Die OIB-Richtlinien 2023 in Wien bringen Neuerungen für Fassadenbegründung oder Photovoltaik

Infolge der Wiener Bauordnungsnovelle 2023 sind seit 23. Februar 2024 in Wien die OIB-Richtlinien 2023 verpflichtend anzuwenden. Wien ist damit das erste Bundesland, in dem die aktuelle Fassung der OIB-Richtlinien gesetzlich verankert wurde. Für den Brandschutz bringt das Aktualisierungen insbesondere in zwei Bereichen: Fassadenbegrünung und Photovoltaik.

Seit 2007 erscheinen die OIB-Richtlinien im Vierjahresrhythmus. Die Änderungen bilden aktuelle Erfordernisse und politische Zielsetzungen ab, unterstützen die Planungspraxis aber auch mit Präzisierungen und alternativen Ausführungen. Der Brandschutz ist in der OIB-Richtlinie 2 geregelt und hat 2023 einige Neuerungen erfahren: „Wichtige Fragestellungen rund um den Klimaschutz haben Einzug gefunden, sowohl der Umgang mit der Fassadenbegrünung als auch Photovoltaik“, erklärt Werner Hoyer-Weber. „Das ist auch darauf zurückzuführen, dass die MA 39, die Prüf-, Inspektions- und Zertifizierungsstelle der Stadt Wien, in den letzten Jahren viele Brandversuche in diesen Bereichen durchgeführt hat. Die Ergebnisse daraus sind nun in die OIB-Richtlinie 2023 eingeflossen.“

Nachweisfreie Lösungen geben Planungssicherheit
Konkret sind darin erstmals Anforderungen an Fassadenbegrünungen sowie Photovoltaikanlagen an Fassaden und auf Dächern definiert. Für begrünte Fassaden finden sich Angaben zum Brandverhalten der verwendeten Materialien oder definierte Schutzabstände zu Dachkonstruktionen. Ähnliches gilt für Photovoltaikmodule an Fassaden, wobei die Richtlinie bei Gebäuden der Gebäudeklasse 4 und 5 eine geschoßweise Abschottung vorschreibt, sofern durch die Photovoltaikanlage ein Hinterlüftungsspalt entsteht.

Die umfangreichste Ergänzung betrifft Photovoltaikmodule auf Dächern der Gebäudeklassen 3 bis 5. Neben den Brandschutzklassen der Module und ihrer Komponenten sind in der Richtlinie Anforderungen für die Eingrenzung der horizontalen Brandübertragung, die Erreichbarkeit der Dachfläche für die Einsatzkräfte, die maximale Ausdehnung der Photovoltaikanlage, die Abstände zwischen den Modulfeldern, die Dacheindeckung oder die Abstände der Modulfelder zu Lichtkuppeln sowie Öffnungen von Rauch- und Wärmeabzugsanlagen nachzulesen.

„Bei Einhaltung dieser Anforderungen können wir uns bei der Begrünung von Fassaden oder der Errichtung von Photovoltaikanlagen künftig auf eine nachweisfreie und bauordnungsrechtlich konforme Ausführung verlassen. Wir sind damit nicht mehr auf Einzelfallbeurteilungen oder gar aufwendige Brandversuche angewiesen“, führt Hoyer-Weber aus. „Das ist natürlich ein großer Vorteil, denn bisher konnte man nie zu hundert Prozent sagen, ob es für die vorgeschlagene Lösung eine Bewilligung gibt, oder die Behörde vielleicht doch Bedenken hat.“

Neue Option für Tabelle 2b-Treppenhäuser
Auch andere Planungsaspekte wurden in den OIB-Richtlinien 2023 ergänzt oder konkretisiert. So ist etwa die Erstellung eines Brandschutzkonzeptes ab sofort auch für Versammlungsstätten mit einer Netto-Grundfläche von mehr als 4.800 m² verpflichtend vorgeschrieben. Neu hinzugekommen ist eine Ausführungsvariante für Treppenhäuser, die in Gebäuden der Gebäudeklasse 5 als einziger Fluchtweg dienen. Diese in Tabelle 2b geregelten Fluchtwege konnten bisher auf drei Arten ausgebildet werden: (1) mit einer Druckbelüftungsanlage, (2) mit einer Brandmeldeanlage und Rauchabzugseinrichtung oder (3) mit einer Schleuse und Rauchabzugseinrichtung.

Die neue vierte Option ermöglicht es diese Fluchtwege künftig mit einem abgeschlossenen Gang, einer Rauchabzugseinrichtung und Freilauftürschließern auszuführen. „Das stellt vor allem im Wohnbau eine Erleichterung dar, wo lange Gänge häufig zu finden sind. Hier gibt es nun eine technische Lösung, die einfacher umzusetzen ist und geringere Kosten verursacht als eine Schleuse oder Druckbelüftungsanlage“, so Hoyer-Weber. Auch für die Bewohner/innen sei die Variante praktikabel, ein entscheidendes Kriterium: „Während Türen mit einem herkömmlichen Türschließer immer automatisch zugehen, was viele Menschen schnell als störend empfinden, fällt eine Tür mit Freilauftürschließer nur dann zu, wenn ein Rauchmelder anschlägt. Im Alltag kann sie aber ganz normal benutzt werden und bei Bedarf auch offen stehen bleiben.“

Sie können die gesamte Fassung der OIB-Richtlinien 2023 einsehen oder herunterladen unter www.oib.or.at.