Lehmwand mit Kamin © Robert Tober

Über Brandschutz und Lehm – und wie ein EuGH-Urteil aus 2022 die Rückkehr des Naturbaustoffs beschleunigen könnte

Die gemeinsame Geschichte von Mensch und Lehm beginnt schon vor über 10.000 Jahren, wie historische Baukulturen auf der ganzen Welt zeigen. Wo Holz und Stein knapp sind, ist der Lehmbau auch heute noch verbreitet. Anders in Österreich, wo die lange Tradition mit dem Naturbaustoff in Vergessenheit geraten ist. Das erstaunt, denn Lehm kann mit vielen und teils einzigartigen Vorteilen aufwarten: Er sorgt für ein gesundes Raumklima, speichert Wärme, wirkt schallisolierend und temperaturausgleichend. Zudem ist er kreislauffähig, energieeffizient in der Herstellung und nahezu überall verfügbar. Woran liegt es, dass wir diesen Bodenschatz nicht längst wieder im großen Stil heben? Wir haben für die zweite Ausgabe unseres Magazins „PLAN b“ mit der Architekturwissenschaftlerin Andrea Rieger-Jandl über das zögerliche Comeback des Lehms in der Bauwirtschaft gesprochen, den Baustoff in puncto Brandschutz unter die Lupe genommen und mit Architekt Wolfgang Bereuter erörtert, was wir uns von Deutschland oder der Schweiz abschauen können, um die Dynamik im Lehmbau anzukurbeln: Klicken Sie hier für die Online-Nachlese des Beitrags Der Schatz im Boden.

Rückenwind könnte die Verwendung von Lehm durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache Porr Bau GmbH (C-238/21) zum Abfallende von Bodenaushub erhalten, das seit seiner Verkündung am 17.11.2022 intensiv diskutiert wird – und Konsequenzen im Bereich der Abfallwirtschaft nach sich ziehen könnte. Andrea Rieger-Jandl, auch als Vorsitzende des Vereins „Netzwerk Lehm“ aktiv, begrüßt diese Entwicklung:

„Das EuGH-Urteil von Ende 2022 könnte den Aufschwung des Lehms deutlich beschleunigen. Bauaushub besteht zu einem großen Teil aus Lehm, der ohne Probleme zu diversen Lehmbauprodukten verarbeitet werden könnte. Dass dies so gut wie nicht passiert, ist auch in der Gesetzgebung bzw. den zugehörigen Verordnungen begründet. Das wird sich nun aber ändern. Bislang begründete das Wegschaffen von Material von einer Baustelle eine Entledigungsabsicht, der Bauaushub wurde damit automatisch zu Abfall und musste entsorgt werden. Laut dem EuGH-Urteil ist das nicht mehr so: Es wird keine Entledigungsabsicht mehr angenommen, wenn es Vereinbarungen mit Dritten gibt, die das Material für sinnvolle Zwecke, etwa zum Bauen, verwenden können.“