Einsatz des Handfeuerlöschers bei einer Übung · Foto: Robert Tober

Von der Theorie zur Praxis: Ein Tag bei der Freiwilligen Feuerwehr Krieglach

Wenn es um die Sicherheit in Gebäuden geht, spielen die Schnittstellen zwischen Planung und Feuerwehr, also zwischen präventivem und abwehrendem Brandschutz, eine wichtige Rolle. Zufahrtswege und Aufstellflächen für Einsatzfahrzeuge, Hydrantenpositionen, der Löschwasserbedarf und teilweise sogar die Einsatztaktik der Feuerwehr sind daher Teil unserer Überlegungen und Konzepte. Doch wie ist es, Maßnahmen des abwehrenden Brandschutzes nicht nur auf dem Papier zu beschreiben, sondern diese selbst zu erleben? Wie deckungsgleich sind Theorie und Wirklichkeit? Das konnten wir nun selbst herausfinden und zwar in Krieglach in der Steiermark im Rahmen eines Praxistags, der von unserem Kollegen Thomas Schwaighofer organisiert wurde. Thomas ist Brandschutz- und Löschanlagenplaner, seit 2001 bei der Freiwilligen Feuerwehr Krieglach aktiv und steht dieser seit 2019 als Kommandant vor.

Hoch geht’s: Die Drehleiter
Wir starteten gleich mit jenem Einsatzgerät in den Tag, das sowohl für Zivilist/innen als auch Feuerwehrleute selbst am spannendsten ist: der Drehleiter. Je nach Ausführung dient sie der Rettung und Bergung von Personen aus einer Höhe von bis zu dreißig Metern, was bei Gebäuden dem fünften oder sechsten Obergeschoß entspricht. Sie wird auch zur Brandbekämpfung in der Höhe eingesetzt. Im Gegensatz zu ihrem Bekanntheitsgrad steht ihre Verbreitung: Nur etwa jede zehnte Feuerwehr in Österreich verfügt über das Fahrzeug, was vor allem an den hohen Anschaffungskosten liegt. Bei Einsätzen, die eine Drehleiter erfordern, koordinieren sich daher die Feuerwehren im jeweiligen Einzugsgebiet.

Die FF Krieglach ist selbst nicht mit einer Drehleiter ausgestattet, hat für den Praxistag aber Unterstützung von Kollegen der FF Mürzzuschlag erhalten. Löschmeister Franz Hochegger und Brandmeister Stefan Almer demonstrierten, wie man das Fahrzeug am Einsatzort aufstellt und ausrichtet. Danach gab es für alle Mutigen und Schwindelfreien die Möglichkeit in den Personenkorb zu steigen und innerhalb weniger Minuten Krieglach aus knapp dreißig Metern Höhe zu bewundern. Ein besonderes Erlebnis, das für uns auch im Hinblick auf die Planungsarbeit aufschlussreich war. Die Drehleiter wird in Brandschutzkonzepten häufig als zweiter Rettungsweg definiert. Zu berücksichtigen ist dabei unter anderem, dass pro Fahrt nur zwei Personen im Korb mitgenommen werden können, was bei der Rettung von einer größeren Anzahl an Menschen relativ viel Zeit in Anspruch nimmt.

Wie fühlt sich eine Personenrettung in luftiger Höhe eigentlich an? In Brandschutzkonzepten kommt die Drehleiter oft zum Einsatz – nun konnten wir uns selbst einen Eindruck verschaffen.

Teamwork bei der dreiteiligen Schiebeleiter
Nicht ganz so hoch wie mit der Drehleiter, aber immerhin bis ins dritte Obergeschoß eines Gebäudes gelangt man mithilfe der dreiteiligen Schiebeleiter. Diese ist für die Feuerwehr unverzichtbar und wird oft als Rettungsweg für einen Atemschutztrupp benötigt. Ihre Teile sind flexibel ausziehbar und ermöglichen Arbeitshöhen von bis zu 14 Metern. Sicherungsstützen mit Stahldornen sorgen für einen sicheren Stand. Unter Thomas´ Anleitung konnten wir die Handhabung der Schiebeleiter selbst ausprobieren. Wir lernten, wie man die Stützen richtig bedient, die Leiter aufrichtet, die einzelnen Elemente mit dem Zugseil auf die erforderliche Höhe auszieht und die rund achtzig Kilogramm schwere Leiter schließlich sicher am Gebäude anlegt.

Mit vielen helfenden Händen und Füßen gelang es uns die dreiteilige Schiebeleiter aufzustellen. Nur am Tempo müssten wir noch arbeiten.

Im Anschluss demonstrierte Thomas, wie man von der Leiter in ein offenes Fenster übersteigt. Was sich leicht anhört, wird vor Ort schnell zur Herausforderung – vor allem, da die Schutzkleidung und -ausrüstung die Beweglichkeit einschränken und damit auch der Platz eng wird. Fürs Erklimmen der Leiter merken wir uns: Die Sprossen stets im Klammergriff umfassen und den Körperschwerpunkt so nah wie möglich an der Leiter halten.

Thomas Schwaighofer zeigt den Überstieg von der Leiter ins Fenster (links), dann ging’s gut gesichert und teilweise mit Atemschutzausrüstung auch für uns nach oben.

Wasser marsch!
Nach dem Motto „Vorne kann nicht mehr rauskommen, als hinten zur Verfügung steht“ befasste sich unsere nächste Praxiseinheit mit dem Thema Löschwasser und Hydranten. Mit einem Durchflussmessgerät ermittelten wir, wie viel Wasser der Hydrant der FF Krieglach pro Minute liefert: rund 800 Liter. Dieser Wert ist aber nicht als Standard zu sehen, denn Hydrant ist nicht gleich Hydrant. Abhängig von der Lage – innerstädtisch oder ländlicher Bereich – und der Frage, ob es sich um eine Ringleitung handelt, können hier große Unterschiede auftreten.

Rein optisch ist nicht erkennbar, wie viel Wasser ein Hydrant liefert. Wir lernten, wovon die Fördermenge abhängt – und dass in Österreich stets Trinkwasser aus öffentlichen Hydranten kommt.

Mit dem Wissen um die Fördermenge des Hydranten ging es an die Frage, wie das Wasser im Brandfall in ausreichender Menge an den Einsatzort kommt. Hydranten haben Abgänge mit verschiedenen Durchmessern (A = 110 mm, B = 75 mm, C = 52 mm), wobei die B-Leitung als Zubringer genutzt wird und C-Leitungen für den Löschangriff dienen. Nach der Wasserzubringung über die Zubringleitung wird mithilfe von C-Schläuchen so lange verästelt, bis ausreichend Löschleitungen vorhanden sind.

Die gängigsten Strahlrohre haben Durchflussleistungen von 230 Litern (C-Rohr) und 400 Litern (B-Rohr) pro Minute. Man kann sich also ausrechnen, dass bei einer im Brandschutzkonzept definierten Wassermenge von 2.000 Litern pro Minute mehrere Strahlrohre gleichzeitig im Einsatz sein müssen, um Löschmaßnahmen wirkungsvoll durchzuführen. Nach verschiedenen Rechenbeispielen und einer lebhaften Diskussion folgte nun der Programmpunkt, auf den wohl die meisten gewartet hatten: Wir durften selbst Hand anlegen und uns im Umgang mit dem Strahlrohr üben. Dabei ist es wichtig, einen guten Stand zu haben und das Strahlrohr samt Schlauch fest zu halten. Gerade für uns Ungeübte wurde das schon nach wenigen Minuten ziemlich anstrengend. Hut ab vor den Einsatzkräften!

Die Kraft des Wassers einmal selbst erleben – beim Praxistag in Krieglach wurde das möglich.

Es wird schaumig
Nicht nur mit Wasser wird gelöscht, in gewissen Fällen – etwa bei brennenden Flüssigkeiten – ist Schaum das Mittel der Wahl. Wir erfuhren, welche Schaummittel es gibt und wie die Zumischung durch die Feuerwehr erfolgt. Beim Löschen selbst ist die richtige Technik entscheidend. Es gilt den Schaum so lange vor sich aufzuschieben, bis die gesamte brennende Flüssigkeit von einer durchgehenden Schaumdecke überzogen ist.

Löschen mit Schaum will gelernt sein, denn nur mit einer durchgehenden Schaumdecke kann man brennenden Flüssigkeiten zu Leibe rücken.

Alarm!
Nach einem ereignisreichen Vormittag wollten wir uns gerade in die Mittagspause begeben, als plötzlich Alarm ertönte. „Gehört das zum Praxistag, oder ist das echt?“, war die Frage, die uns durch die Köpfe ging. Der Alarm war echt und so hatten wir Gelegenheit das Geschehen in diesem Fall live mitzuerleben und zu sehen, wie die Mitglieder der Feuerwehr binnen weniger Minuten einrücken: zu Fuß, mit dem Auto oder sogar auf dem Fahrrad. Thomas zeigte uns, wie er als Einsatzleiter über eine App schnell Rückmeldung über das zur Verfügung stehende Personal erhält: Wer kann sofort da sein? Wer schafft es in 15 Minuten? Wer kann nicht kommen? Sind genug Leute mit Atemschutzausbildung dabei? Je nach Situation wird entschieden, ob weitere Feuerwehren alarmiert werden.

In unserem Fall handelte es sich nicht um einen Großeinsatz, nicht einmal um einen Brandeinsatz, wie sich später herausstellte. So entpuppte sich die Alarmmeldung „Heizölbrand im Keller eines Einfamilienhauses“ als Gaskartusche, die im brennenden Zustand aus dem Kellerfenster in den Garten geworfen worden war. Zum Glück keine Gefahr, die Einsatzfahrzeuge rückten nach kurzer Zeit wieder ein. Keine Seltenheit, wie Thomas berichtete: Weniger als zehn Prozent der jährlich rund 170 Einsätze sind Brandeinsätze, in den meisten Fällen ist technische Hilfe zu leisten.

Ran an den Feuerlöscher
Den Tagesabschluss bildete ein Feuerlöschtraining mit Zugskommandant Herbert Schwaiger. Mit ihm sprachen wir über die Besonderheiten der verschiedenen Brandklassen – A, B, C, D und F –, die jeweils geeigneten Feuerlöscher und ihre Funktionsweisen. Am leichtesten zu bedienen und am gängigsten sind Dauerdrucklöscher. Darüber hinaus gibt es Löscher mit innenliegender bzw. außenliegender Druckkartusche, wobei vor allem letztere nur noch selten verwendet werden. Anschließend konnten wir uns selbst an die Brandbekämpfung wagen – natürlich nicht ohne vorherige fachkundige Anleitung. Beim Löschen gilt: immer von unten nach oben (außer bei einem Tropfbrand, z. B. von Kunststoff) und immer von vorne nach hinten. Des Weiteren ist es wichtig, nicht sofort aufzuhören, wenn das Feuer scheinbar gelöscht ist. Ein Feuerlöscher, der in Betrieb genommen wurde, sollte ohnehin verbraucht werden, bis er leer ist.

Ein Mal selbst löschen: Wir konnten mit verschiedenen Feuerlöschern selbst in der Brandbekämpfung aktiv werden.

Wir haben vom Praxistag sehr viele lehrreiche Erfahrungen mitgenommen, spannende Eindrücke gesammelt und vor allem wirklich viel Spaß gehabt. Bei unserem Kollegen Thomas, den Freiwilligen Feuerwehren in Krieglach und Mürzzuschlag sowie allen Mitwirkenden möchten wir uns herzlich bedanken!