
04 Feb. 2021 Europas erste Produktion für Glasfaser-Preform sichern
Im September 2020 ging im niederösterreichischen Gmünd im Waldviertel die europaweit erste Produktionsstätte für Glasfaser-Rohlinge in Betrieb – im März 2021 soll die Serienproduktion starten. Hinter dem High-Tech-Werk steht das Unternehmen NBG Fiber, das im Waldviertel nun eines der reinsten Gläser der Welt erzeugt. Große Hitze, Gase und Chemikalien sind Teil des Produktionsprozesses – dem Brandschutz kommt daher eine besondere Bedeutung zu. Das Wiener Ingenieurbüro Hoyer Brandschutz stattete die innovative Betriebsanlage mit einem wirtschaftlichen Brandschutzkonzept aus und plante gleich mehrere Löschanlagen für maximale Sicherheit in Produktion und Lager.
Das in Gmünd erzeugte Glas dient als Rohmasse für Glasfaser, auch „Preform“ genannt. Aus jedem der rund 80 kg schweren Glaskolben können mehr als 2.500 km Glasfaser gezogen werden. Um den erforderlichen Reinheitsgrad für einen Glasfaser-Lichtwellenleiter zu erreichen, wird in einem nahezu partikelfreien Reinraum unter enormer Hitze und Verwendung unterschiedlicher Chemikalien und Gase gearbeitet. „Sowohl der Faktor Reinraum als auch der Einsatz und die Lagerung teils brennbarer Chemikalien waren besonders zu berücksichtigen – und erklären auch, dass an einem Standort mit Wasser, CO2 und Schaum gelöscht wird und eine Feinsprüh- sowie Berieselungsanlage zum Einsatz kommen“, erklärt Projektleiter Thomas Schwaighofer, der das Projekt zwei Jahre lang begleitete.
Brandsicherheit im Reinraum
Die Halle für die Glasfaserproduktion ist rund 1.500 m² groß, mehr als 1.100 m² davon werden als Reinraum verwendet. Für den Brandschutz gelten hier besondere Bedingungen: „Zähflüssiges Glas hat eine Oberflächentemperatur von rund 1.500 Grad. Wasser ist in diesem Fall kein geeignetes Löschmittel, denn eine explosionsartige Verdampfung des Wassers wäre die Folge. Nur ein Liter Wasser kann rund 1.700 Liter Wasserdampf erzeugen“, erklärt Schwaighofer – und nennt in diesem Zusammenhang das Beispiel, brennendes Öl in der Küche keinesfalls mit Wasser zu löschen.
Der ursprüngliche Ansatz die Produktion mit einer CO2-Gaslöschanlage auszustatten, wurde nach Abstimmung mit den Maschinenherstellern verworfen. „Die bis zu 16 Meter hohen Maschinen im Reinraum sind mit einer Stickstoff-Inertisierung versehen. Sie stellen keine Brandlast dar und werden im Brandfall nach Auslösen der vollautomatischen Brandmeldeanlage über die Brandfallsteuerung gesichert abgeschaltet. Als brennbare Komponenten bleiben nur die elektrischen Verkabelungen oder der Schaltschrank übrig“, so Schwaighofer. Statt der CO2-Gaslöschanlage wurden der Feuerwehr im Produktionsbereich fahrbare CO2-Feuerlöscher und ein fahrbarer Schaumlöscher zur Verfügung gestellt. Da durch die sehr geringen Brandlasten im Reinraum lediglich Kaltrauch mit einer Temperatur von maximal 60°C entstehen kann, konnte als Rauch- und Wärmeabzug die vorhandene Betriebslüftung herangezogen werden. Sie sorgt für einen 12-fachen Luftwechsel pro Stunde.
Kleine Tropfen mit großer Wirkung
Großes Augenmerk legte Hoyer Brandschutz auf den Bereich zwischen dem Reinraum und der Außenhülle der Produktionshalle. In diesem befinden sich in der Decke sowie seitlich Hohlräume, die im Brandfall für die Feuerwehr schwer bis gar nicht zugänglich sind. Sie wurden mit einer Feinsprühwasserlöschanlage in der Ausführung EAL (Erweiterte Automatische Löschhilfeanlagen) ausgestattet. Sie erreicht auch Areale, die in denen es zu Sprühbehinderungen kommen kann. Die winzigen Wassertropfen der Feinsprühanlage haben eine größere Oberfläche und können mehr Wärme binden als die wesentlich größeren Tropfen einer Sprinkleranlage. Weitere Vorteile bestehen darin, dass geringere Wassermengen austreten und weniger Löschwasser bevorratet werden muss.
Chemikalien sicher lagern
Angrenzend an die Produktionshalle befinden sich ein Gasflaschen- und Chemikalienlager. Die beiden Lager wurden als eigene Brandabschnitte hergestellt und baulich zu den anderen Gebäuden abgetrennt. Für die Glasfaserproduktion werden unterschiedliche Chemikalien eingesetzt – eine davon ist brennbar. Ihr Lagerbereich wurde mit einer halbstationären Schaumlöschanlage geschützt. Aufgrund der Beschaffenheit der Chemikalie wird zur Brandbekämpfung ein alkoholbeständiges Schaummittel verwendet. Dieses wird am Standort permanent gelagert, da die Feuerwehr diesen speziellen Löschschaum nicht standardmäßig mit sich führt.
Tankkühlung durch Berieselung
Am Standort ist darüber hinaus ein Gaselager mit vier Tanks untergebracht. Die Tanks wurden mit einer Berieselungsanlage ausgestattet, die über die Feinsprühwasserlöschanlage mitversorgt wird. Im Fokus steht insbesondere jener Tank, der verflüssigten Sauerstoff enthält. Die Brandgefahr geht dabei nicht vom Sauerstoff selbst aus, sondern von seiner enorm brandfördernden Wirkung. Um dieser entgegenzuwirken, sorgt die Berieselungsanlage für eine ständige Kühlung des Tankmantels, was die Brandgefahr auf ein Minimum reduziert. Ausgelöst wird die Anlage durch Infrarot-Flammenmelder.
Vom Regen- zum Löschwasser
Zur Sicherstellung des Löschwasserbedarfs wurde für die Betriebsanlage eine besonders nachhaltige Lösung gefunden: Das Löschwasser für die Brandbekämpfung wird in einem Retentionsbecken mit fixer Saugleitung für die Feuerwehr bereitgestellt. „Wir schlagen so zwei Fliegen mit einer Klappe: Einerseits wird das Oberflächenwasser, entstehend durch Regen, aufgefangen und andererseits decken wir den Bedarf des Löschwassers für eine Dauer von neunzig Minuten ab“, so Schwaighofer.
Unabhängig planen, kostentransparent vergeben, wirtschaftlich betreiben
Nach Abschluss der Löschanlagenplanung sorgte Hoyer Brandschutz auch für deren Ausschreibung und Vergabe. „Für den Auftraggeber ist dies die optimale Vorgehensweise, denn als unabhängiger Planer legen wir den Fokus auf die technisch beste und ressourcenschonendste Lösung. Im Anschluss stellen wir durch die Einholung und Bewertung mehrerer Angebote absolute Kostentransparenz her und können objektiv den Bestbieter ermitteln“, führt Schwaighofer aus. Vor allem bei einem umfangreichen Vorhaben wie diesem sei eine gute Planung die Basis, um Brandschutzanlagen nicht nur wirtschaftlich zu errichten, sondern auch zu betreiben.