28 Mai 2021 Brandschutz auf BIM-Basis: Über Schnittstellen, Software, Workflows, Aufwand & Nutzen
Auch wenn der Durchdringungsgrad in Europa noch unterschiedlich hoch ist und BIM in Österreich noch zum Teil in den Kinderschuhen steckt: In den nächsten Jahren werden elektronische Gebäudemodelle zum Standard werden und in puncto Effizienz und Qualität den Bauprozess nachhaltig verändern. Zusätzlich dazu sind Unternehmen nicht zuletzt durch die Coronapandemie gefordert an ihrem digitalen Reifegrad zu arbeiten. „Für mich liegen die Vorteile von BIM klar auf der Hand: Alle Informationen sind an einem Ort vereint, die Transparenz steigt und die vernetzte Zusammenarbeit ersetzt die ‚jeder plant für sich‘-Mentalität, was Fehlerquellen reduziert. Durch die objekt- und datenbankorientierte Arbeitsweise entsteht eine ganz neue Tiefe und Schärfe an Informationen“, schildert Werner Hoyer-Weber seinen Zugang.
Ja zu BIM
Als
Querschnittsmaterie profitiert der Brandschutz von der stärkeren Vernetzung, da
er mit vielen Gewerken verknüpft ist. Hoyer Brandschutz hat frühzeitig begonnen
sich mit BIM zu befassen und arbeitet seit 2018 aktiv damit – den Startschuss
bildeten zwei Hochhausprojekten in Wien. „Ich kann also sagen: Ja, wir haben
uns diese digitale Planungsmethodik angeeignet und sind BIM-fähig –
unterstützend in der Brandschutzplanung und auch direkt im Modell mit der
Sprinklerplanung. Die Abstimmung unserer internen Prozesse auf die neue
Arbeitsweisen ist natürlich noch nicht abgeschlossen, wie lernen jeden Tag
dazu. Um unser Wissen weiter auszubauen, sind wir auch laufend in Schulungen“,
so Hoyer-Weber.
Die Gebäude-DNA schneller verstehen
Einen weiteren Vorteil sieht der Brandschutzexperte in der frühen Visualisierung der architektonischen Grundidee, um vor allem komplexe Gebäude von Beginn an zu verstehen: „Wenn ich an unsere Sprinklerplanung für das Library & Learning Center von Zaha Hadid am Campus WU zurückdenke, wäre ein 3D-Modell enorm hilfreich gewesen. Wir hätten die Vision des Gebäudes viel schneller verinnerlicht und so auch zielgerichteter planen können – zum Beispiel die Integration der Sprinkleranlage in Räume, die Wände mit einer Neigung von 35 Grad haben.“
Schnittstellenprobleme lösen
Darüber hinaus ist der verbesserte Informationsaustausch zwischen Architektur und Brandschutz für beide Seiten gewinnbringend – auch wenn am konkreten Prozess noch gefeilt werde: „Die Architektur legt das Gebäude aus, von uns kommen die Brandschutzattribute – es gibt eine sehr starke Verschränkung von Beginn an. Gleichzeitig fließt der Brandschutz in die Modelle zig anderer Gewerke ein. Zusammen mit arrivierten Architekturbüros sind wir derzeit noch bei jedem Projekt in einem gewissen Findungsprozess“, gibt Hoyer-Weber Einblick. Es brauche optimale Workflows, um die Möglichkeiten der vernetzten Planung auszuschöpfen und Informationsverluste oder Doppelgleisigkeiten zu vermeiden. „Der Brandschutz muss in BIM sauber arbeiten können, das betrifft auch den Datenaustausch vom und zum Modell, Stichwort: Kompatibilität.“
Software: Grenzen und Potenziale
Damit das Zusammenspiel aller Projektpartner reibungslos funktioniert, ist aus der Sicht von Hoyer-Weber die Abstimmung noch zu intensivieren: „Die Verwendung gleicher Software wäre ein Vorteil – da kommt es noch zu Schwierigkeiten.“ Grundsätzlich sieht er in puncto Software Entwicklungsbedarf: „Viele 2D-Programme versuchen durch Erweiterungen Leistungen für BIM-Fähigkeit anzubieten. Das ist aber nur eine Notlösung und höchstens für kleinere Projekte ausreichend. Auf der anderen Seite sind gewisse Funktionalitäten der Sprinkleranlagenplanung in BIM noch gar nicht am Markt – etwa die automatische Aufteilung von Sprinklern oder Massenauszüge. Diese Werkzeuge sind aber wichtig, um das Arbeiten mit BIM für uns Fachplaner wirtschaftlich zu machen.“
Mehr Aufwand, aber auch mehr Nutzen
Durch die höhere Komplexität von BIM und die Fülle an Werkzeugen steigen die Anforderungen an die Planung. Und der Aufwand? Das Fazit von Hoyer Brandschutz nach den ersten Projekten fällt klar aus: „Der Projektaufwand ist im Vergleich zu den anderen Projekten deutlich höher. Natürlich ist einiges an Lehrgeld angefallen für die Einarbeitung und um eine gewisse Routine zu entwickeln. Aber am Ende des Tages werden in BIM einfach viel mehr Informationen erstellt und verarbeitet – das dauert seine Zeit“, resümiert Hoyer-Weber. Gleichzeitig sehe er Entwicklungen, die den Planungsalltag mit BIM in den kommenden Jahren erleichtern könnten – etwa Protokolle für die automatische Überprüfung von Brandschutzklassifikationen.
Trotz Anlaufschwierigkeiten ist Hoyer-Weber vom nachhaltigen Nutzen der neuen Planungsmethode für Bauherren, Architektur und Fachplanung überzeugt: „Die Bauwirtschaft muss mit der Zeit gehen, damit wir uns den gesellschaftlichen Herausforderungen stellen können. Rund um den Klimaschutz wird beispielsweise noch vieles auf uns zukommen. Wenn wir weiter innovativ planen, wirtschaftlich bauen und bei jedem Gewerk das Maximum herausholen wollen, gibt es mit dem strategischen Einsatz von BIM nun eine Methode, um all das in einer neuen Qualität zu erreichen.“ Es brauche natürlich Engagement, um an den eigenen digitalen Skills sowie an der Gestaltung der dafür notwendigen Projektkultur zu arbeiten. „Ich kann nur sagen: Wir sind bereit dafür.“