Leistungsumfang
Im Oktober 2021 eröffnete das forschende Pharmaunternehmen Boehringer Ingelheim in Wien eine neue Produktionsstätte. Im LSCC-Gebäude (Large Scale Cell Culture) werden biopharmazeutische Wirkstoffe im großen Maßstab hergestellt. Die Anlage ermöglicht die simultane Produktion unterschiedlicher Arzneimittel, wofür der Produktionsprozess hochgradig automatisiert ist und auch digitale Lösungen zum Einsatz kommen. Wir haben den Bau des hochmodernen Gebäudes über vier Jahre hinweg begleitet und eine besonders verantwortungsvolle Aufgabe übernommen: die Ausführung der Brandabschottungen zu überwachen – und sicherzustellen, dass Feuer und Rauch im Anlassfall möglichst schnell an ihre Grenzen stoßen.
Sie sind praktisch überall: Elektro-, Lüftungs- und Rohrleitungen, die Gebäude wie ein zentrales Nervensystem durchziehen und den Betrieb ermöglichen. An vielen Stellen durchdringen diese Leitungen jedoch brandabschnittsbildende Wände – Abschottungen müssen her. Sie sorgen dafür, dass durch Wand- oder Deckendurchführungen keine Schwachstellen in Brandabschnitten entstehen und diese einen Feuerwiderstand von 90 Minuten aufweisen. Auch im LSCC mit einer BGF von 56.000 m² spielt das Abschottungsprinzip eine zentrale Rolle, da die zu schützende Fläche sehr groß und der Installationsgrad der Anlage hoch ist. „In einem Gebäude wie diesem setzt sich der vorbeugende Brandschutz aus vielen baulichen, aber auch anlagentechnischen und organisatorischen Maßnahmen zusammen, die alle aufeinander abgestimmt sind. Damit sich diese Wirksamkeit im Brandfall entfaltet, kann es auf jede einzelne Abschottung ankommen“, so Projektleiter Thomas Schwaighofer.
Richtlinienkonform von A bis Z
Einen Fachplaner für die Prüfung der Abschottungen einzusetzen, sei ein absolutes Qualitätskriterium des Bauvorhabens gewesen: „Der Brandschutz ist eine komplexe Querschnittsmaterie, bei der viele Parameter zu berücksichtigen sind. Bei der örtlichen Bauaufsicht, die sich um zahlreiche Gewerke und Themen gleichzeitig kümmert, geht der Brandschutz oft unter. Oft fehlt auch das Know-how, um alle Ausführungsfragen fundiert zu beurteilen“, weiß Schwaighofer. Letztlich sei das Ziel, den Investitionen des Bauherren in die Planung und Errichtung brandschutztechnischer Maßnahmen Rechnung zu tragen und sicherzustellen, dass man sich selbst bei der kleinsten Kabeldurchführung auf das geplante Schutzniveau verlassen könne.
Fluchtwege und Reinräume schützen
Die Bedeutung funktionierender Brandabschnitte wird auf vielen Ebenen sichtbar. So verlaufen Abschottungen an vielen Stellen durch Fluchtwege wie Gänge oder Treppenhäuser, die im Brandfall frei von Rauch und toxischen Brandgasen bleiben müssen. Darüber hinaus wird im LSCC mit Reinraumtechnologie gearbeitet. Im diesem hochhygienischen Umfeld wird die Anzahl luftgetragener Teilchen so gering wie möglich gehalten. Selbst bei einem Brand darf es nicht zu unerwünschten Rauch- oder Schmutzverschleppungen kommen. Bei der Prüfung und Freigabe der Abschottungen mussten wir daher nicht nur das richtige Timing treffen, sondern uns auch intensiv mit den ausführenden Firmen abstimmen: „Nach dem Verschließen der Reinraumdecke hatten wir ja keinen Zugang mehr zu den Bereichen dahinter. Wir mussten also Raum für Raum freigegeben und genau darauf achten, dass später keine Durchdringungen mehr stattfinden“, erklärt Schwaighofer.
Sonderfälle und Sonderlösungen
Brandabschottungen werden mit klassifizierten Produkten nach genau geprüften Einbaukriterien hergestellt. Nicht immer decken sich diese Zulassungskriterien 1:1 mit den baulichen Erfordernissen vor Ort, insbesondere bei einem so weitläufigen Areal wie dem LSCC. Hoyer Brandschutz kam in solchen Fällen die Aufgabe zu, Sonderlösungen zu entwickeln oder kompensierende Maßnahmen zu beurteilen, um die Wirksamkeit der Brandabschnitte mit anderen Mitteln zu gewährleisten.
Eine Frage der Versicherung
So klein einzelne Abschottungsmaßnahmen oft sein mögen, so groß ist ihre Bedeutung, wenn es um den Versicherungsschutz und die Frage geht, welche Schäden bei einem Brandereignis tatsächlich abgedeckt sind. Fakt ist: Versicherungen gehen davon aus, dass Brandschutzmaßnahmen zu 100 Prozent funktionieren. Sie beurteilen immer das maximal zu versichernde Risiko – und das ist in den meisten Fällen der einzelne Brandabschnitt. An fachgerecht ausgeführten Abschottungen führt also kein Weg vorbei, ob in puncto Sicherheit oder Sachwertschutz.
Wien, 2018-2021
Delta Podsedensek Architekten ZT GmbH,
Boehringer Ingelheim RCV GmbH & Co KG
biopharmazeutische Produktionsanlage
56.000 m² BGF